Was ist Arbaeen?
Die Arbaeen Versammlung ist eine stark besuchte zeremonielle Veranstaltung, die jedes Jahr im westasiatischen Land Irak mit Menschen aus verdiedensten Nationen stattfindet.
Sie beginnt in der Stadt Najaf und endet in der Stadt Karbala. Millionen von Menschen gehen diesen 80 km langen Weg entlang und versammeln sich schließlich mit einer Stärke von 30 Millionen Menschen in Karbala am Tag von “Arbaeen”, um diesen Tag als Tag der Treue zu den heiligen und wertvollen Zielen von Imam Hussain zu kennzeichnen.
Heute, fast 1400 Jahre später, wird der Tag von Arbaeen von Millionen von Menschen auf der ganzen Welt betrauert. Es ist ein Tag, an dem Imam Hussain samt seiner Familie und Gefährten, die sich u.a. für soziale Gerechtigkeit geopfert haben, gewürdigt werden. Typischerweise organisieren die Menschen an diesem Tag große Märsche in verschiedenen Städten auf der ganzen Welt, um die ewige Natur von Hussains Revolution zu symbolisieren und zu zeigen, dass sie für soziale Gerechtigkeit, Ehre und Frieden eintreten.
Der Tag von Arbaeen ist heute die größte jährliche friedliche Versammlung der Welt, und die Teilnehmerzahlen nehmen jedes Jahr signifikant zu. Millionen Menschen begeben sich auf den Weg zum Schrein von Imam Hussain. Während dieser Reise wird eine beeindruckende Manifestation von humanitären Werten deutlich, die Beobachter in tiefes Erstaunen versetzt.
Die Schlacht zwischen richtig und falsch
Was ist der Weg nach Karbala?
Es ist der Pfad der Trauer, denn die Wunden sind tief und die Pfeile reichlich, die das Fleisch von Imam Hussain und seinen Gefährten an Ashura durchbohrten. An diesem Tag kontrollierte die Armee von Yazid das Schlachtfeld. Schwer zu sagen, dass es ein Schlachtfeld war, eher ein Massaker. Wie würde man das nennen, wenn 30.000 Soldaten im Kampf gegen die 72 mutigsten Menschen stehen, die je gelebt haben und jemals leben werden? Es war der Tag von Yazid. Der Tag der Macht. Der Tag der rohen Gewalt. Der Tag mit einer überwältigenden Zahl. Der Tag des Verrats. Der Tag der Täuschung und der Tag der Kontrolle.
Ihr werdet dies tun, weil wir es sagen!
Das ist der Ruf eines jeden autoritären Tyrannen überall. Autorität regiert. Nicht die Wahrheit. Nicht die Demokratie. Nicht die Vernunft. Nicht die Liebe. Nicht das Mitgefühl. Die Autoritären nutzten diese Wörter zum Spott und täuschen die Massen. Sie täuschten die 30.000. Aber diejenigen, die sich bewusst sind, die Minderheit, die 72, sie wissen es. Sie wissen es weil ihr Herz es weiß und ihr Herz weiß es, weil sie den Enkeln des heiligen Propheten (Friede sei mit ihm und seiner Familie) kennen. Sie wissen es, weil sie die Liebe und Schönheit gesehen haben, die Imam Hussain (Friede sei mit ihm) verkörpert. So wenige. So wenige wissen wirklich Bescheid.
Wie Hussain zu seiner Schwester Zainab sagte:
„Lüge kann viele Unterstützer kaufen, aber die Wahrheit hat nur wenige Freunde“.
Aber als ich im Oktober 2018 den Weg nach Karbala gegangen bin, war ich von Millionen. Arme und Reiche aus der ganzen Welt, die kamen, um ihren Beusch bei dem Mann zu machen, der uns die Bedeutung von Gerechtigkeit, Wahrheit und Opfer gezeigt hat. Sie gingen in Trauer, weinten um Hussain und seine Familie, für ihr Leiden, für ihren Mut, für ihr Bekenntnis zu Allah (swt.) um jeden Preis.
Hussain ruft heute jeden auf, Muslime, mich als Christ:
„Hal Min Nasirin Yansurna. Gibt es welche unter den Menschen die uns helfen?”
„Gibt es welche unter den Menschen die uns helfen?“
Antworte nicht so leichtfertig, lieber Trauernder von Imam Hussain.
Wie kann ich sagen, “Labbayk Ya Hussain! Hier bin ich oh Hussain!?”
Meinte ich das auch so?
Meine ich das auch wirklich so?
Bin ich wirklich für Hussain da, wenn es heißt, gegen den STrom zu schwimmen, gegen die Lügen widerstand zu leisten, die mächtigeren herauszufordern, die Wahrheit zu suchen, die wirkliche Wahrheit?
Ehrlich gesagt, oft meine ich es nicht wirklich so. Der Preis ist zu hoch. Ich riskiere nichts.
Labbayk Ya Hussain! Hier bin ich oh Hussain! (Solange ich nicht zu viel opfern muss)
Hier bin ich oh Hussain! (Solange es mir nicht zu anstrengend ist).
Hier bin ich oh Hussain! (Solange mein Leben, nicht durch den Schrei des Leidens gestört wird).
Hier bin ich oh Hussain! (Solange ich mit dem Strom schwimmen kann).
Ich trauere für Hussain, weil ich zu spät für die Schlacht war.
Ich trauere um Hussain, weil ich weiß das ich nicht wie Hussain bin.
Ich trauere um Hussain, weil die Welt in voller Ungerechtigkeit, Betrug und Feigheit versunken ist und ich ein Teil davon bin.
Ich trauere um Hussain, weil es einfacher ist auf der Seite von Yazdi zu stehen.
Ich trauere um Hussain, weil Trauer alles ist, was ich tun kann.
Was ist der Weg nach Karbala?
Es ist der Weg, wenn wir es zulassen, der Weg der Ehrlichkeit.
Ich fühlte mich von Hussain gerufen, als ich seinen heiligen Schrein berührte und ich wurde unterstützt, weil ich es nicht ganz erreichen konnte. Eine Hand nahm meine Hand, und legte sie auf das Gitter inmitten der Menschenmenge. Es war ein Moment der Einheit. Ein Christ aus Amerika wurde willkommen geheißen. Hussain ist für jeden da. Ich fühlte mich von Hussain gerufen, nach Wahrheit und Gerechtigkeit zu suchen. Ich war überzeugt davon, das ich es schaffen werde. Aber Hussain zu folgen, ist kein einfacher Weg.
Zwei Jahre sind vergangen, seit ich die Ziyarat zu Imam Hussain (as.) gemacht habe. Die Welt hat sich in diesen zwei Jahren dramatisch verändert. Es fühlt sich an, als wären wir verzaubert. Etwas ist sehr, sehr falsch und wir scheinen nicht zu wissen, was es ist. Wir werden von den Mächten dieser Welt getäuscht, so wie Yazids Armee getäuscht wurde.
Also frage ich erneut: Was ist der Weg nach Karbala?
Es ist der Weg des Erwachens. Es ist der Weg des freien Mannes und der freien Frau. Es ist der Weg der Hoffnung für die Menschheit, wenn die Chancen so gegen sie stehen, dass alles verloren scheint. Hussain zeigte der Welt, was es bedeutet, ein wahrer, freier Mensch zu sein, als die Welt am dunkelsten war.
„Labbayk Ya Hussain!“ handelt eigentlich nicht von uns und davon, was wir denken, dass wir tun können. Dafür sind wir zu spät. Aber wir sind Zeuge eines Verbrechens. Wir bezeugen die Enthüllung von Imam Mahdi und die Rückkehr des Propheten Jesus. Es ist eine Glaubenssache. Wir wurden aufgerufen, darauf zu vertrauen, dass Allah (swt.) uns nicht aufgegeben hat.
Das mag vielleicht die schwierigste Aufgabe sein – Hoffnung in die Menschheit zu haben, während Menschlichkeit bekämpft wird. Vielleicht ist es aber genau das, was Hussain jetzt von uns erwartet. Die Hoffnung nicht aufzugeben. Hussain wurde in Karbala nicht besiegt. Er war siegreich. Yazid gewann diese Welt mit seinen Täuschungen und Korruption. Hussain jedoch gewann die kommende Welt mit Freiheit und Wahrheit für die Menschheit unter dem barmherzigen, wachsamen Auge Allahs.
Die kommende Welt, wird bald kommen, Inshallah.
John Shuck, ein christlicher Pastor, der 2018 bei einer Arbaeen Reise teilnahm, dank der Ünterstützung der Husayniah Society of Seattle und Schwester Zahra Abidi. John und sein Partner Josh Townsley haben einen Film über die Reise mit dem Titel „For Love of Imam Hussain as“ auf YouTube veröffentlicht.
Wer ist Hussain?
„Ich möchte nur, gute Werte verbreiten und Böses verhindern.“
– Imam Hussain Ibn Ali as.
Wer ist Hussain?
Hussain war ein revolutionärer Führer des 7. Jahrhunderts, der inmitten von Korruption und Tyrannei für Soziale Gerechtigkeit eintrat. Er gab alles, einschließlich seines Lebens, für die Würde seiner Gesellschaft. Hussain ibn Ali wurdeim Jahr 620 n. Chr. in der Stadt Medina (im heutigen Saudi Arabien) geboren. Er stammte aus einer Familie, die für ihre starken Werte wie Gerechtigkeit, Nächstenliebe und Frieden bekannt war – die Familie des Propheten Muhammad (dem Propheten des Islam). Hussain wurde in den Ländern Arabiens und darüber hinaus wegen seiner Großzügigkeit, Aufrichtigkeit und Weisheit respektiert und geschätzt. Obwohl er aus einem relativ privilegierten Haushalt stammte und eine prominente Persönlichkeit im Islamischen Reich war, lehnte Hussain diesen Status immer wieder ab, um stattdessen mit den Armen und Bedürftigen das Brot zu teilen. Er stellte den Status quo in Frage und brachte die Menschen zusammen.
Hussain die Verkörperung der Liebe zu Gott
Liebe bringt immer die Vorstellung einer Beziehung mit sich; jemand liebt jemand anderen. Liebe ist wie etwas, das vom Gebenden ausgestrahlt wird, wie die Lichtstrahlen der Sonne. Gott ist das einzige Wesen, das existierte, bevor die Zeit begann. Es war Gott, der die Welt aus Liebe erschuf. Die Schöpfung selbst ist ein Akt der Liebe. Jedes Lebewesen, sei es auf der Erde, im Meer oder in der Luft, ist auf Licht, Wasser und Luft angewiesen, um zu existieren.
All dies sind Geschenke des liebenden Gottes, also können wir sagen, dass kein Lebewesen auf der Erde ohne die Liebe Gottes existieren kann. Ebenso spielt jedes ihre Rolle in der großen Schöpfungsordnung, und indem sie dies tut, ist dies ihre Art, Gottes Liebe zu erwidern.
Auch der Mensch wird von Gott geliebt, sonst könnten wir nicht existieren. Wir haben selbst die Möglichkeit zu entscheiden, ob wir Gott im Gegenzug lieben oder nicht. Wenn wir das tun, dann sind wir wie eine Blume, die ihre Blütenblätter öffnet, um die Sonnenstrahlen zu empfangen. Die erblühenden Blütenblätter sind wunderschön und erfüllen ihren Zweck auf Erden. Auf dieselbe Weise gedeihen wir Menschen und wachsen zu unserem vollen Potenzial, indem wir uns öffnen, um die Liebe Gottes zu empfangen. Im Gegenzug sind wir dann in der Lage, die Liebe zu erwidern. Es ist diese Liebe zu Gott, die jede unserer Handlungen motivieren sollte. Gott erschuf uns nicht, damit wir in einer Beziehung aus Angst zu ihm leben oder in einer Beziehung, wie die zu einem Händler, der für jedes Stückchen Korn eine Münze verlangt. Gott liebt uns ohne jedes Maß und gibt uns im Gegenzug die Fähigkeit ebenfalls uneingeschränkt zu lieben. Jede Handlung aus Liebe wird zu einem Akt der Lobpreisung Gottes. Jede Handlung, bei der wir unserer Familie, Gemeinschaft, Gesellschaft oder dem Planeten, auf dem wir leben, dienen, wird zu einem Akt, der von der Liebe Gottes, unseres Schöpfers, inspiriert ist. Zu behaupten, dass wir Gott lieben, aber seine Schöpfung nicht, ergibt keinen Sinn. Die Liebe Gottes, genauso wie die Erde, die Luft, die Sonne und das Wasser sind dazu bestimmt geteilt zu werden.
Wenn wir uns in der Welt umsehen, können wir in der Menschheitsgeschichte erstaunliche Beispiele davon sehen, wie Menschen ihre Liebe zu Gott ausdrücken, durch die Liebe zu ihren Mitmenschen. Denken Sie einmal an die Krankenschwestern, Ärzte und Wissenschaftler, die während der Coronavirus-Pandemie heldenhaft gearbeitet haben. Sie haben die Kosten nicht im Hinblick auf ihr eigenes Wohlergehen gezählt. Einige von ihnen gaben ihr Leben, un anderen in ihrer Not zu helfen. Eine solche Person in der Geschichte war Hussain, der Enkelsohn des Propheten Mohammad. Seine Gotteserkenntnis war so intensiv, dass jeder Atemzug ihn zu einer Handlung aus Liebe veranlasste. Jede Lobpreisung oder jedes Handeln wurde von dieser Liebe inspiriert. Diese Liebe reinigte ihn, sodass sein Wesen wie ein perfekt polierter Spiegel glänzte. Die Liebe Gottes schien auf sein Leben, wie die Sonne auf einen polierten Spiegel, so dass sie zurück zu Gott und zur gesamten Schöpfung reflektiert wurde. Wenn die Menschen über sein Leben nachdenken und sich ihm auf diese Weise nähern, ist es so, als würden wir die Strahlen der Liebe Gottes in allem sehen, was er getan hat. Auf diese Weise wird er oft der Freund Gottes genannt, wie jemand, der so perfekt mit Gott verbunden ist, dass er ständig an jene Liebe erinnert, die uns erschaffen hat und uns alle am Leben erhält.
Hussain hatte vollstes Vertrauen in Gott. Es gibt nichts Böses in Verbindung mit Gott, sondern nur Güte und Liebe. Das bedeutet, dass alles, was zu dem Wille Gottes gehört, zu unserem Nutzen sein muss. Hussains erste Art, seine Liebe zu Gott zu zeigen, bestand darin, sich völlig dem von Gott offenbarten Lebensweg zu unterwerfen, damit sich die Menschen in diesem Leben entfalten und sich im Jenseits Gott nähern können. Diese vollkommene Gehorsamkeit bedeutete, alles Gute zu lieben und allem Schlechten entgegenzutreten. Bloße Worte reichen nicht aus: Wir können uns nicht vorstellen, dass eine Mutter ein hungriges Kind nur mit liebevollen Worten tröstet; sie wird ihre Liebe in Taten ausdrücken und das Kind füttern. Hussains Liebe zu Gott trieb ihn dazu an, Gottes Güte in all seinen Handlungen nachzuahmen. Er vergab dem Mann vollständig, der ihn an den Ort seiner letzten Schlacht brachte. Er strebte danach, Kämpfe und das Blutvergießen so gut wie Möglichkeit zu vermeiden. Er gewährte seinen Dienern ihre Freiheit, damit sie sich nicht verpflichtet fühlten, an seiner Seite zu stehen und ihr Leben im Kampf zu riskieren. Er gab seinen Familienmitgliedern und Freunden die Möglichkeit, ihr Leben zu retten, anstatt in der kommenden Schlacht getötet zu werden. Er war bereit, alles zu opfern, anstatt sich der Unterdrückung und Ungerechtigkeit zu beugen. Alles bedeutete nicht nur sein eigenes Leben, sondern auch das Leben seiner Familie und Gefährten. Liebe kennt keine Grenzen und so kennt auch die Liebe zu Gott, der Wahrheit und Gerechtigkeit keine Grenzen. Die Liebe verlangt die Bereitschaft alles zu opfern, wenn es nötig ist um den Vormarsch des Bösen und der Ungerechtigkeit zu stoppen. Das ist das Beispiel des höchsten liebenden Gottes, Hussain, des Enkels von Mohammad, der alles auf dem Schlachtfeld von Karbala geopfert hat, damit die Menschheit ein Vorbild dafür hat, zu welchen Höhen die Menschen aufsteigen können mit ihren liebevollen Handlungen mit der Liebe Gottes. Wenn wir sagen, dass wir Gott lieben, wie könnten wir dann nicht auch einen derart vorbildlichen Freund und liebenden Gottes lieben?